Laserschneiden Stahl

Aus Laserpedia


Wenn's um millimetergenaue Stahlbearbeitung geht, hat das gute alte Schneidbrennen längst ausgedient. Stattdessen setzen moderne Fertigungsbetriebe auf Lasertechnik - und das aus gutem Grund. Mit gebündeltem Licht lassen sich selbst dickste Stahlplatten so akkurat zerschneiden, dass sogar Schweißroboter neidisch werden könnten.

Aber wie funktioniert dieses Hightech-Verfahren eigentlich? Im Kern geht's darum, einen extrem fokussierten Laserstrahl auf den Stahl zu richten. Der schmilzt dann nicht nur, sondern verdampft teilweise sogar. Klingt nach Science-Fiction, ist aber längst Industriestandard. Und das Beste: Die Schnittfugen sind so sauber, dass in vielen Fällen jede Nachbearbeitung überflüssig wird.

Physik für Fortgeschrittene

Wer tiefer in die Materie einsteigen will, muss sich mit ein paar physikalischen Grundlagen beschäftigen. Entscheidend ist vor allem, wie gut der Stahl die Laserstrahlung absorbiert. Das hängt von der Wellenlänge ab - CO2-Laser mit 10,6 µm werden besser geschluckt als die 1 µm von Festkörperlasern. Letztere machen das aber durch bessere Fokussierung wieder wett.

Ist der Laserstrahl erstmal im Stahl, geht's richtig zur Sache. Die Energie breitet sich durch Wärmeleitung aus, wobei die Wärmeleitfähigkeit λ eine wichtige Rolle spielt. Für Stahl liegt die typischerweise zwischen 15 und 50 W/(m·K). Ab etwa 1500°C wird's dann richtig spannend: Der Stahl schmilzt und kann sogar verdampfen. Dafür braucht's aber ordentlich Energie - rund 270 kJ/kg fürs Schmelzen und nochmal 6400 kJ/kg für die Verdampfung.

Wer's ganz genau wissen will, kann sich an folgender Energiebilanz versuchen:

P_L · η_A = ρ · v · d · (c_p · ΔT + H_S + H_V) + P_V

Dabei ist P_L die Laserleistung, η_A der Absorptionsgrad, ρ die Dichte, v die Schneidgeschwindigkeit, d die Materialdicke, c_p die spezifische Wärmekapazität, ΔT die Temperaturerhöhung, H_S die Schmelzenthalpie, H_V die Verdampfungsenthalpie und P_V die Verlustleistung. Puh, das war jetzt aber ein Brocken Physik!

Laser-Typen im Überblick

Bei den Lasern für's Stahlschneiden hat sich in den letzten Jahren einiges getan. CO2-Laser, lange Zeit der Standard, bekommen zunehmend Konkurrenz von Festkörper- und Faserlasern. Hier ein kurzer Überblick:

1. CO2-Laser: Der Oldie unter den Schneidlasern. Arbeitet bei 10,6 µm und schafft bis zu 20 kW. Vorteil: Gute Absorption im Stahl. Nachteil: Aufwendige Strahlführung über Spiegel.

2. Nd:YAG-Laser: Der Klassiker unter den Festkörperlasern. 1,064 µm Wellenlänge, bis 5 kW Leistung. Plus: Gute Fokussierbarkeit. Minus: Nicht gerade effizient.

3. Faserlaser: Der neue Stern am Laserhimmel. 1,07 µm Wellenlänge, bis zu 100 kW (!) Leistung. Trumpft mit Effizienz und exzellenter Strahlqualität. Kostet aber auch 'ne Stange Geld.

4. Scheibenlaser: Der Exot. 1,03 µm Wellenlänge, bis 16 kW. Punktet mit guter Strahlqualität, ist aber technisch anspruchsvoll.

Ein wichtiges Qualitätsmerkmal ist übrigens das Strahlparameterprodukt (BPP). Je kleiner, desto besser lässt sich der Strahl fokussieren. Spitzenreiter sind hier moderne Faserlaser mit Werten unter 0,4 mm·mrad.

Prozessführung: Mehr als nur An und Aus

Beim Laserschneiden von Stahl gibt's im Wesentlichen drei Mechanismen:

1. Schmelzschneiden: Der Laser schmilzt, ein Gasstrahl pustet die Schmelze weg. Wird oft mit Stickstoff bei Edelstahl eingesetzt.

2. Brennschneiden: Hier kommt Sauerstoff ins Spiel. Der reagiert exotherm mit dem Eisen und macht den Prozess effizienter. Nachteil: Oxidschicht an den Schnittkanten.

3. Sublimationsschneiden: Für Feinarbeiten. Der Stahl wird direkt verdampft. Braucht extreme Leistungsdichten.

Die Kunst liegt in der richtigen Einstellung der Parameter. Laserleistung, Schneidgeschwindigkeit, Fokuslage, Gasdruck - alles muss perfekt aufeinander abgestimmt sein. Hier ein paar Richtwerte für einen 4 kW Faserlaser beim Schneiden von Baustahl:

Materialdicke [mm] Schneidgeschwindigkeit [m/min] Gasdruck [bar]
1 20-30 10-12
5 4-6 12-15
10 1,5-2,5 15-18
20 0,5-0,8 18-20

Moderne Anlagen regeln diese Parameter übrigens in Echtzeit nach. Ziemlich clever, diese Maschinen!

Qualität ist kein Zufall

Am Ende zählt natürlich das Ergebnis. Und das kann sich beim Laserschneiden wirklich sehen lassen. Die Schnittfugen sind meist nur 0,1 bis 0,5 mm breit, die Kanten stehen fast perfekt senkrecht (Abweichung < 0,05 mm). Die Oberflächen sind mit Ra-Werten von 1,5-3,5 µm erstaunlich glatt. Und das Beste: In vielen Fällen ist der Schnitt komplett gratfrei.

Trotzdem kann's manchmal nötig sein, nachzuarbeiten. Entgraten, Schleifen oder bei Edelstahl auch mal Elektropolieren - je nachdem, was der Kunde verlangt. Aber das ist eher die Ausnahme als die Regel.

Industrie 4.0 lässt grüßen

In der Industrie ist Laserschneiden längst nicht mehr wegzudenken. Ob Autobau, Maschinenbau oder sogar Medizintechnik - überall kommen die Hightech-Strahlen zum Einsatz. Besonders spannend wird's, wenn Laserschneiden in vollautomatische Fertigungslinien integriert wird. Da arbeiten Roboter und Laser Hand in Hand, gesteuert von cleverer Software.

Ein heißes Thema ist auch die sogenannte "Laser Automation". Dabei überwachen Sensoren ständig den Schneidprozess und passen die Parameter automatisch an. So bleibt die Qualität konstant hoch, egal ob die Maschine gerade das erste oder das tausendste Teil schneidet.

Apropos Software: Die Programme für's Laserschneiden sind mittlerweile echte Alleskönner. Die optimieren nicht nur die Schneidpfade, sondern auch gleich den ganzen Materialfluss mit. Verschachteln (Nesting) die Teile so clever auf dem Blech, dass kaum noch Abfall entsteht. Effizienz pur!

Die Zukunft des Laserschneidens

Trotz aller Fortschritte - es gibt noch einiges zu tun. Die Forscher tüfteln an noch effizienteren Lasern, an Möglichkeiten, noch dickere Bleche zu schneiden und an Wegen, den Prozess noch stabiler zu machen. Auch die Kombination mit additiven Verfahren ist ein spannendes Feld.

Ein großes Thema ist auch Künstliche Intelligenz. Die könnte in Zukunft helfen, die optimalen Schneidparameter vorherzusagen oder Qualitätsprobleme frühzeitig zu erkennen.

Und natürlich geht's auch um Nachhaltigkeit. Energiesparende Laser, weniger Abfall, besseres Recycling - da ist noch Luft nach oben. Genauso wie bei der Sicherheit, die bei den immer leistungsfähigeren Lasern eine wichtige Rolle spielt.

Eines ist klar: Laserschneiden wird auch in Zukunft eine Schlüsseltechnologie bleiben. Wer in der Stahlverarbeitung vorne mitspielen will, kommt an den Hightech-Strahlen nicht vorbei. Die Zukunft wird zeigen, welche spannenden Entwicklungen uns hier noch erwarten!

Weiterführende Links

Literatur

  • Hügel, H. & Graf, T. (2009). Laser in der Fertigung: Strahlquellen, Systeme, Fertigungsverfahren. Springer-Verlag. ISBN 978-3-8348-0675-3.
  • Poprawe, R. (2011). Lasertechnik für die Fertigung: Grundlagen, Perspektiven und Beispiele für den innovativen Ingenieur. Springer-Verlag. ISBN 978-3-642-12456-1.